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Unser Ziel

Wir wollen erreichen, dass alle Menschen in Deutschland einen digitalen Zugang zu kommunalen Dienstleistungen haben können. Niemand soll durch digitale Barrieren ausgegrenzt werden. Wir wollen Barrierefreiheit für alle Menschen. Daran arbeiten wir!

Um dieses Ziel zu erreichen ist es wichtig, den Ist-Zustand zu dokumentieren. Daher haben wir alle rund 11.000 kommunalen Internetseiten in Deutschland auf ihre digitale Barrierefreiheit hin getestet. Und zwar zunächst durch Menschen mit Behinderungen, die sich jede Seite angesehen haben und nach wenigen Kriterien ihre persönliche Einschätzung gegeben haben. Und dann in einem zweiten Schritt durch ein Computerprogramm, das rein technische Kriterien der digitalen Barrierefreiheit gemessen hat.

Umriss der Deutschlandkarte mit den unterschiedlichen Symbolen für barrierefreie Anpassungen auf einer Website. Der Klick auf die Seite führt zur Datenbank der getesteten kommunalen Internetseiten
Eine Gruppe von Menschen, darunter eine Person im Rollstuhl, hält Schilder mit der Aufschrift "AKTION MENSCH" und posiert an einem sonnigen Tag im Freien.
Foto: AWO DasDies

Das Team

Sie haben diesen Testmarathon angetreten und ihr Ziel erreicht: Die Mitarbeiter:innen der DasDies Service GmbH in Unna. Sie alle sind Menschen – mit den unterschiedlichsten Behinderungen. Damit sind Sie Experten in eigener Sache und bringen erlebte digitale Expertise gleich mit. Die DasDies gehört zur AWO-Ruhr-Lippe-Ems.

  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / André Bloch
    André BlochDasDies, Projektleitung
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Silke Diete
    Silke DieteDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Denise Eichendorff
    Denise EichendorffDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Maciej Kozlowski
    Maciej KozlowskiDasDies, Geschäftsführung
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Miriam Langhoff
    Miriam LanghoffDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Susanne Salmen
    Susanne SalmenDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Franz-Josef Schnell
    Franz-Josef SchnellDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Marcel Steffen
    Marcel SteffenDasDies
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Jonas Einck
    Jonas EinckInclusion Technology Lab
  • Portraitbild einer Person vor weissem Hintergrund / Raimund Schmolze-Krahn
    Raimund Schmolze-KrahnInclusion Technology Lab

Vorgehen

Beim Test stand nicht die technische Analyse der Internetseiten im Mittelpunkt, sondern das individuelle Erleben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DasDies. Wie nehmen Sie als Menschen mit Behinderung die Internetseite wahr, wie gut konnten sie mit der Seite umgehen, sie erfassen und wie schnell fanden sie die benötigten Informationen? Wie erreichten Sie ihr Recht auf Information? Ein digitaler Praxistest aus menschlicher Sicht.

Im Rahmen eines Workshops erarbeiteten die Mitarbeiter:innen fünf Fragen für den Test der kommunalen Internetseiten. Alltägliche Fragen, die Ihnen bei der Nutzung digitaler Angebote immer wieder begegnen. Mit diesen fünf Fragen testeten die MitarbeiterInnen, alle Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen, die digitale Barrierefreiheit der rund 11.000 Internetseiten deutscher Kommunen. Dabei untersuchte ein Mensch die Seiten nach den immer gleichen fünf Kriterien. Ein Kommune konnte also maximal fünf Punkte erzielen:

  • 1Icon

    Kann man die Schriftgröße ändern?

  • 2Icon

    Gibt es eine Vorlesefunktion?

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    Gibt es ein Angebot in leichter Sprache?

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    Wird das Thema Barrierefreiheit auf der Seite erwähnt?

  • 5Icon

    Kann man in wenigen Minuten erfahren, wo man einen Termin zur Verlängerung seines Personalausweises vereinbaren kann?

Mit diesen fünf Fragen, einem sehr effektiven „Schnelltest“ zur Barrierefreiheit, stellte sich bald heraus, dass die Kommunen in Deutschland nicht wirklich mit dem Thema digitale Barrierefreiheit vertraut sind.

Die Messung durch echte Menschen haben wir um eine Messung eines Computerprogramms ergänzt. Das Programm kann kein menschliches Erleben messen, sondern erfasst rein technische Kriterien der digitalen Barrierefreiheit. Auch diese Ergebnisse haben wir dokumentiert.

Einen Hinweis möchten wir an dieser Stelle machen: Internetseiten von Kommunen können sich verändern. Im Projektverlauf von eineinhalb Jahren haben wir in manchen Bundesländern Kommunalwahlen erlebt. Manchmal verändern sich Internetseiten auch ohne eine vorherige politische Wahl. Die dokumentierten Ergebnisse sind jeweils eine Momentaufnahme, die in den vergangenen 18 Monaten entstanden ist. Es kann deshalb sein, dass sich schon heute in manchen Kommunen andere Ergebnisse ergeben.

Das Ergebnis

„Ich hatte ja schon geahnt, dass die Ergebnisse ernüchternd sein werden, aber dass das so schlecht ist, das hätte ich nicht gedacht,“ so Miriam Langhoff, MitarbeiterIn der DasDies, nach dem Testmarathon.

Nach Auswertung aller rund 11.000 Kommunen in Deutschland erreichten lediglich 3 Prozent die maximale Punktzahl von 5 Punkten. Insgesamt 7 Prozent landeten sogar bei 0 Punkten. Das sind rund 770 Kommunen in Deutschland, die digital für Menschen mit Behinderungen gar nicht erreichbar sind.

Bundesweit wurden im Schnitt nur 37 Prozent der möglichen Punkte erreicht. Dabei wurde die Lösung der Frage 5, Personalausweis in 3 Minuten finden, mit Abstand am meisten erfüllt, nämlich zu 84 Prozent. Die Antwort auf Frage 3 nach der Leichten Sprache war das Kriterium mit dem schlechtesten Ergebnis – nur 11 Prozent der Seiten im Bundesdurchschnitt erfüllen die Anforderung nach Leichter Sprache.

Die Ergebnisse der technischen Messung sind nicht an allen Stellen deckungsgleich mit dem menschlichen Erleben. Aber auch sie zeigen, dass in den Kommunen noch viel zu tun ist.

Dabei hat sich Deutschland digital schon lange viel vorgenommen: Bereits zum 1. Januar 2009 ratifizierte es die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Unter anderem aus Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ergibt sich die Barrierefreiheit aller Lebensbereiche. Sie ist damit ein verbrieftes Recht. Barrierefreiheit ist die Grundlage für die umfassende Information und Teilhabe aller Menschen und damit auch aller Bürger*innen, egal ob mit oder ohne Behinderungen.

Die Umsetzung der UN-BRK in nationales Recht im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichtet alle öffentlichen Stellen, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Digitale Barrierefreiheit ist einer der wichtigen Bausteine von Inklusion, der Teilhabe am täglichen Leben.

Doch noch ist nicht viel geschehen. Dabei wird die Barrierefreiheit von Internetseiten zum Juni 2025 europaweit verpflichtend, inklusive strafrechtlicher Konsequenzen.

Dunja Mijatovic, Menschenrechtskommissarin des Europarates, kritisierte im März 2024 in ihrem Bericht Deutschland wegen mangelnder Umsetzung der Barrierefreiheit. Zitat: „Obwohl sich der Koalitionsvertrag der Bundesregierung mit Barrierefreiheit befasst und eine ‚Bundesinitiative Barrierefreiheit‘ ausruft, wurden bisher keine konkreten Gesetzgebungsprojekte oder Finanzierungsprogramme geplant, und keine Gemeinde hat bisher das gesetzlich vorgegebene Ziel für 2022 für einen barrierefreien öffentlichen Personennahverkehr erreicht.“ Zudem sieht sie wenig Entwicklung bei den Rechten der Menschen mit Behinderungen: „Die Fortschritte im Hinblick auf die Rechte von Personen mit Behinderungen sind allgemein gering, da ein fehlendes politisches Engagement und ein anhaltender Widerstand gegen Veränderungen seitens der bestehenden und gut finanzierten exklusiven Strukturen die Verwirklichung eines unabhängigen Lebens von Personen mit Behinderungen in der Gemeinschaft behindern.“

Ausblick

Was bedeutet es also, wenn öffentliche Stellen und Kommunen Barrierefreiheit im digitalen Bereich nicht umsetzen?

  1. Wenn Kommunen sich nicht an Gesetze halten, dann untergraben die die Fundamente des Rechtsstaats. Sie zeigen damit, dass Gesetze nicht bindend sind. Wenn der Staat sich nicht an seine Gesetze hält, warum sollten es dann seine Bürger tun.
  2. Für die Betroffenen ist fehlende digitale Barrierefreiheit eine Katastrophe. Kommunen sind für Menschen mit Behinderungen oft die erste Anlaufstelle für staatliche Leistungen. Wenn hier bereits die erste Tür nicht geöffnet werden kann, dann bleiben Menschen mit Behinderungen ausgeschlossen.
  3. Eine Chance wird verpasst, bei der man mit wenig Geld gute Ergebnisse schaffen könnte. Denn digital barrierefreie Ein- und Zugänge sind deutlich günstiger zu erschaffen als umfangreiche bauliche Barrierefreiheit.

Praktische Umsetzung

Mit dem Atlas digitale Barrierefreiheit liegt eine Bestandsaufnahme digitaler Barrierefreiheit der deutschen Kommunen vor. Die Ziele des Projekts:

Projektpartner:innen

Das Projekt Atlas digitale Barrierefreiheit wird von der DasDies Service GmbH in Unna verantwortet. Sie führt auch die Messung der Internetseiten durch. Die DasDies ist ein Unternehmen der AWO Ruhr-Lippe-Ems.

Das Inclusion Technology Lab e.V. aus Berlin begleitet das Projekt auf fachlicher Ebene. Es hat unter anderem die Listen der Links aller Kommunen aus den Statistischen Landesämtern bezogen und für den Einsatz im Projekt vereinheitlicht. Übrigens, Mecklenburg-Vorpommern verfügte über keine solche Linkliste. Hier haben wir die Liste händisch erstellt.

Die Gruppe für Gestaltung verantwortet die Gestaltung der Internetseite und hostet den interaktiven Zugang zu den Überprüfungsergebnissen des Atlas digitale Barrierefreiheit.

Ermöglicht wurde das Projekt durch eine Förderung der Aktion Mensch.